Die Lobby ist auch ein Wohnzimmer

Vorbei die Zeiten, als die Lobby ein gesichtsloser Raum ohne Charme war und einzig dazu diente, an einer Theke die Formalitäten vorzunehmen. Heute legen Hotels grossen Wert auf die Atmosphäre, und auch die Art des Eincheckens hat viele Facetten angenommen.

Die Lobby ist in vielen Hotels zum «Wohnzimmer» geworden. Die Gäste sollen eintreten, sich umschauen, in die Atmosphäre des Hauses eintauchen und sich auf Anhieb wohl fühlen. Dieser Trend hat sich sowohl bei Businesshotels als auch im Leisure-Bereich durchgesetzt. Im Zuge von Co-Working-Spaces reagieren Innenarchitekten und Hotelbetreiber beim Konzipieren der Lobby eines Businesshotels – insbesondere auch bei Ketten wie 25hours oder Motel One – auf das veränderte Arbeitsverhalten der Gäste. So kreieren sie entsprechende Räume mit separaten Sesseln, Nischen und gemütlichen Sofas. Denn in der Lobby wird heute am Laptop gearbeitet, es werden Meetings abgehalten und nach Feierabend trinkt man gerne ein Bier in geselliger Runde und kommt miteinander ins Gespräch. Dasselbe Spiel gilt für die Leisure-Hotels. Die Gäste chillen in der Lobby, geniessen einen Kaffee oder ein Glas Wein, lesen und plaudern. Eben ganz so wie im eigenen Wohnzimmer.

Daniel Mani ist Gastgeber im The Hide Flims und Mitglied der MGM Gruppe, welche die Zukunft der Hotellerie im Kreieren vieler kleiner Erlebnisse und im bewussten Kontakt zum Menschen sieht – Erlebnisse und Gespräche, die der Gast mit nach Hause nimmt und ihn an seinen Aufenthalt erinnern.

So versteht sich auch die Lobby des im Dezember 2018 von der MGM Gruppe um die Brüder Günter und Manfred Weilguni und Daniel Mani eröffneten Boutiquehotels The Hide in Flims (GR) als Wohnzimmer. «In unserem urbanen Hotel, in dem die Lobby eine zentrale Funktion einnimmt, erwartet die Gäste ein moderner, zeitloser Stil, der mit hochwertigen Naturmaterialien und einer warmen Farbgebung die alpine Bergwelt aufgreift», so der Gastgeber Daniel Mani. Beim Eintreten in die Lobby des The Hide ist der Gast in der Tat augenblicklich von einer Wohlfühlatmosphäre umhüllt. Das Feuer knistert im Cheminée mit der futuristisch anmutenden türkisfarbenen Abzugshaube, die Wände erstrahlen in tiefem Kobaltblau, gemütliche Sofas und Sessel in Tannengrün und Fuchsia laden zum Verweilen ein, eine chromstahlfarbene elegante Espressomaschine funkelt mit den vielen Gins in den Regalen hinter den beiden Holztresen um die Wette.

Am Anfang steht eine «Story»

Doch hier werden nicht nur Gin und Espressi kredenzt, sondern hier wird auch eingecheckt. Entspannt und unkompliziert. Genau so, wie das Team des Designstudios Stylt Trampoli aus Göteborg, das für die Innenausstattung des Hotels zuständig war. Das Studio arbeitet bereits zum dritten Mal für die Gruppe. «Ich darf sagen, dass es recht familiär zu und hergeht, wenn wir über Design und Ausführung diskutieren», erläutert Daniel Mani die Zusammenarbeit. Stylt Trampoli besucht jeweils für einige Tage den Ort oder das bestehende Gebäude, wo das Hotel umgesetzt werden soll, und schreibt mit den Betreibern eine «Story». Diese umfasst neben der Gestaltung und dem Design auch Leitsätze sowie den Namen und das Logo des Hotels. Was am Ende jeweils wie aus einem Guss wirkt, ist das Resultat intensiver und akribischer Recherche. Besonders glücklich ist Daniel Mani im Falle des The Hide, wenn sich die Gäste von den Farben begeistert zeigen und zum Ausdruck bringen, dass sie sich wohl und gut aufgehoben fühlen.

Tischchen statt Theke

Auf ganz persönliche Weise werden die Gäste auch im Luxushotel Villa Feltrinelli am Gardasee empfangen. Das Hotel, das in einem geschichtsträchtigen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert angesiedelt ist, wird von einem Schweizer Hotelier geführt. Mark Odermatt hat dort seit 18 Jahren das Sagen. Bei ihm sollen sich die Gäste – oftmals Prominenz aus Showbusiness und Politik – wie in einem luxuriösen und schönen Privathaus fühlen. Gastfreundschaft steht an oberster Stelle. Das zeigt sich auch beim Check-in, der hier kein mechanischer, unvermeidbarer Prozess sein soll. Die Réception befindet sich in einem grossen, luftigen Raum. Anstelle einer Theke steht ein leichtfüssiges, mit einem stilvollen Blumenstrauss geschmücktes Tischchen da. Dort sitzt eine Réceptionistin, welche die Gäste mit viel Herzlichkeit empfängt und jedem neuen Hotelgast das Gefühl vermittelt, er sei der erste Gast.

Nicht weniger herzlich geht es in Hotels zu und her, die in einem ganz anderen Preissegment angesiedelt sind. Um Ressourcen zu sparen, organisieren sich kleinere Hotels oder Gastronomiebetriebe, die zusätzlich ein paar Zimmer anbieten, oftmals unkompliziert. Wie etwa beim Palazzo Gamboni in Comologno, Mitglied bei Swiss Historic Hotels. Hier müssen die Gäste je nach Anreisezeit den Schlüssel in der nahegelegenen und zum Hotel gehörenden Osteria al Palazign abholen. Oder im One-Suite-Hotel Zollhaus in Bern, das vom Alten Tramdepot betrieben wird. Hier erhalten die Gäste den Schlüssel im Sommer in der nahegelegenen Gelateria und während dem Rest des Jahres im Tramdepot ums Eck.

Wo Boutiquehotels und im oberen Preissegment angesiedelte Hotels auf individuelle Betreuung und einen persönlichen Kontakt setzen, bauen budgetbewusste Hotels auf ressourcensparende technische Hilfsmittel. Sie spielen mit verschiedenen Varianten, die Gäste online, über ihr eigenes Handy oder über zentrale Terminals einchecken zu lassen. So etwa bei der b_smart selection mit Betrieben in der Schweiz und Liechtenstein. Ihr Konzept setzt auf reduzierten Service, einladendes Design und optimierte Prozessabläufe. Und der Gast kommt dadurch in den Genuss von Flexibilität und Unabhängigkeit.

Self-Check-in spart Ressourcen

Insbesondere beim Self-Check-in, das rund um die Uhr an einem Terminal in der Lobby erfolgen kann. Das Check-in-Verfahren ist vergleichbar mit einem Geldbezug an einem Bancomaten. Hat der Gast bereits im Vorfeld gebucht, so tippt er die Reservationsnummer am Automaten ein und folgt den weiteren Schritten auf dem Bildschirm. Bezahlt wird per Kredit- oder Maestrokarte. Zudem ist der Reisepass oder die Identitätskarte für das Ausfüllen des Meldescheins vonnöten. Falls die Reservation bereits im Voraus erfolgte, hat der Gast nur ein paar wenige Daten des Meldescheins zu ergänzen. Am Ende des Check-in-Prozesses braucht es eine Unterschrift. Und fertig ist das Check-in. Da der Gast bereits am Anreisetag bezahlt hat, entfällt das Auschecken am Abreisetag. Die Zimmerkarte wirft er ganz einfach in die Check-out-Box, bevor er das Hotel verlässt.

Auf mobiles Check-in hingegen setzt das Trafo Hotel in Baden. Das Hotel verzichtet dabei jedoch nicht auf den persönlichen Service. Die Gäste werden nach wie vor persönlich begrüsst und können in der Lobby ohne Wartezeiten und ohne Formalitäten einchecken. Falls die Gäste Hilfe benötigen, sind die Gastgeber für sie da. Auch beim mobilen Check-in entfällt das Check-out, da bereits beim Einchecken bezahlt wird. Zudem haben die Hotelgäste die Möglichkeit, bereits von unterwegs mit der kostenfreien Hotel-App Conichi einzuchecken. Fazit: Bei der Gestaltung der Lobby gilt es also zu überlegen, wie das Hotel positioniert ist oder positioniert werden soll. Passt die geplante Innenausstattung zum Konzept? Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Wie wichtig ist der persönliche Bezug zum Gast? Wie viel Technologie soll es sein? So kann eine stimmige Lobby entstehen, welche die Bedürfnisse der Gäste und der Betreiber in Einklang bringt.

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