«Einstellung ist wichtiger als Wissen»
Joan Roca ist Küchenchef im Super-Restaurant El Celler de Can Roca in Girona. Er setzt beim Bewerbungsverfahren auf einen innovativen Ansatz.
Sie haben für das 6-Hands-Dinner der Fundaziun Uccelin mit Andreas Caminada und Jan Hartwig unter anderem ein Dessert mit Milch zubereitet. Ist Milch für die katalonische Küche ähnlich wichtig wie für die schweizerische?
Ja, das kann man sagen. Girona liegt zwar keine 50 Kilometer vom Meer entfernt und hat einen entsprechend starken maritimen Einfluss in seiner Küche, aber auch die Pyrenäen sind ein wichtiger Teil unserer kulinarischen Identität. Wir arbeiten vorzugsweise mit der Milch der Vaca bruna. Das ist eine alte autochthone Rinderrasse aus den Pyrenäen, die wir unbedingt erhalten möchten.
In kaum einem Restaurant gehen so viele Bewerbungen ein wie bei Ihnen im Celler de Can Rocca. Wie stellen Sie sicher, dass Sie aus dieser Masse die richtigen Bewerberinnen und Bewerber herauspicken?
Wir arbeiten mit einer Psychologin zusammen, die sich auf Teamführung spezialisiert und auch schon dem FC Barcelona geholfen hat. Für uns hat sie einen speziellen Fragebogen entwickelt, der uns tiefere Einblicke in die Persönlichkeit von Bewerberinnen und Bewerbern ermöglicht. Unser Ziel ist es, herauszufinden, ob jemand das Kochen wirklich liebt. Paradoxerweise gibt es viele junge Leute, die zwar Köchin oder Koch sein möchten, aber nicht wirklich aus tiefstem Herzen kochen wollen. Das Wichtigste für uns ist nicht, welche Kenntnisse eine Person mitbringt, sondern welche Einstellung. Passt sie menschlich zu uns? Brennt sie für den Beruf? Ist die neugierig? Auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger haben eine Chance.
So wie damals Zizi Hattab…
Genau. Zizi, die ganz in der Nähe von Girona aufgewachsen ist, war Computeringenieurin, bevor sie mit 24 beschloss, Köchin zu werden und unter anderem auch in unserer Küche landete. Sie ist eine grossartige Persönlichkeit – intelligent, offen, anpassungsfähig. Neben technischen Qualifikationen und Talent bringt sie auch Werte mit, das ist gerade heute sehr wichtig. Bevor ich nach Fürstenau gekommen bin, um für Andreas Caminada und die Fundaziun Uccelin zu kochen, habe ich in Zürich Station gemacht und bei Zizi im Restaurant Kle gegessen. Die Küche hat mich beeindruckt und Zizis Persönlichkeit sowieso. Sie ist in meinen Augen ein zukünftiger Star der Szene. Es ist wichtig für unsere Gesellschaft, dass es kraftvolle, kämpferische Frauen wie sie gibt.
Möchten Sie mehr über Joan Roca erfahren? Das vollständige Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe.
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