Brenner trifft Bartender

11. September 2020

Ende August 2020 fand in der Distillerie Studer in Escholzmatt zum ersten Mal ein Workshop für Bartender statt. Mixologen aus Berlin, München, Wien, Basel, Zürich und Thun fanden sich ein, um zwei Tage lang zu diskutieren, zu arbeiten, zu lernen und sich mit der Zukunft von Obstbränden zu befassen.

Unter dem Motto «Brenner trifft Bartender» lud die 1883 gegründete Distillerie Studer erstmals international renommierte Bartender nach Escholzmatt ein, um in einem offenen Diskurs aktuelle und zukunftsweisende Fragen aus der Welt der Bars zu diskutieren. Im Rahmen eines gegenseitigen Wissenstransfers wurden in einem offenen Austausch neue Produktentwicklungen besprochen. Und selbstverständlich erhielten die Bartender Einblick ins Schaffen und in die Produktionsweise der Distillerie Studer.

Den Auftakt zur zweitägigen Veranstaltung machte der bekannte Schweizer Lebensmittel-Sensoriker Patrick Zbinden. Während zwei Stunden vermittelte er interessante Einblicke in Multisensorik sowie Food- und Drink-Design. Damit verlieh er dem Workshop gleich zu Beginn eine würzige Note.

Starter Set für den 1. Bartender Event in Escholzmatt.

Der Mix macht’s – auf allen Ebenen

Mit dem Mixen von Drinks machen sich Bartender bei ihren Gästen beliebt. Zum Handwerk des Brenners gehört es, für seine Destillate die richtige Mischung an Ingredienzen zu finden. Und die Mixtur der Teilnehmenden an der ersten Studer-Masterclass für und mit Bartenders verlieh der Veranstaltung von Beginn weg viel Drive und Dynamik.

Unter den Teilnehmenden, die aus der gesamten D-A-CH-Region angereist waren, befanden sich so klangvolle Namen wie Martin Bornemann (Gewinner der «Made in GSA» Cocktail Competition 2018), Rebekka Anna Salzmann, die bei den Mixology Awards 2020 zur Newcomerin des Jahres gekürt wurde oder auch Markuss Engeler, Präsident des Vereins «Basler Bartender».

Aus Deutschland angereist waren unter anderen Louise Pfeiffer (zweimalige Gewinnerin der Süddeutschen Barmeisterschaft und aktuelle DBU Deutsche Vizecocktailmeisterin oder Oliver Ebert, zweifacher Mixologe des Jahres (2013/2019), «Farm-to-Shaker-Bartender of the year 2018». Gemeinsam mit Cristina Neves wurde Eberts 2008 zum Mixology «Barteam des Jahres gekürt, und seine Berliner Bar «Beckett’s Kopf» wurde von Falstaff als Bar des Jahres 2016 ausgezeichnet. Und aus Österreich anwesend war Lukas Werle (Bruder Bar, Wien).

Die Barprofis an der ersten Austragung des Brenner trifft Bartender.

Als Mitorganisator des Anlasses vor Ort war auch Robert Schröter. Er gilt als eine der treibenden Kräfte in der Berliner Bar-Szene, besass oder führte bereits drei Bars in Berlin und gründete das Craft Cocktails Festival. Die Erfahrung aus einer sieben Länder überspannenden Karriere versucht er besonders jüngeren Bartenders auf www.artisanbar.camp auch per Podcasts zu Verfügung zu stellen.

Robert Schröter Mitorganisator.

Kleiner Ausflug in die Geschichte – sanfte Landung in der Gegenwart

Nach dem ersten Teil des Workshops hörten die Anwesenden dem «After Lunch Talk» zu zwischen Patrick Zbinden und Ivano Friedli-Studer, dem Inhaber der Distillerie Studer. Gespickt mit Anekdoten von Wladimir Iljitsch Lenin oder dem Psychoanalytiker C.G. Jung, die beide einen Bezug zur Escholzmatter Brennerei hatten, unternahm man mit den Bartendern eine kurze Reise durch die traditionsreiche Geschichte der Distillerie Studer, die seit 1883 in Familienbesitz ist (mittlerweile in der vierten Generation geführt – wobei die fünfte ebenfalls schon im Familienunternehmen mitarbeitet).

Dass das Haus auf eine dermassen lange Geschichte zurückblicken kann, gründet unter anderem auf der stetigen Suche nach Neuem. Innovationsgeist zeichnet das Haus mit dem guten Geist (so der Claim des Unternehmens) seit jeher aus und ist heute wichtiger denn je. Genau mit einer solchen Innovation wurde der «After Lunch Talk» denn auch beendet. Während der Degustation der neuen Studer Cold Brew Coffee Liköre (eine Kooperation mit Jllycafé) landeten die Bartender aus den urbanen Metropolen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz wieder in der Gegenwart – und damit mitten in der nun anstehenden Arbeit.

Neuheit: Studer’s Cold Brew Coffee Liköre.

Die Schweiz im Glas oder: Lasst uns den Fruchtbrand neu denken!

Wie könnte der Fruchtbrand 2.0 aussehen, riechen, schmecken – und somit aus seinem anhaltenden Dornröschenschlaf wachgeküsst werden? Dies war eines der Themenfelder, das in verschiedenen Gruppen angegangen wurde. In drei Teams beschäftigten sich die Bartender mit «Wermut & Bitters», «Fassgereiften Spirituosen» und – eben – mit dem «Fruchtbrand 2.0». Daran wurde den ganzen Montagnachmittag gearbeitet.

Auch der zweite Tag stand ganz im Zeichen von Tüfteleien, Ideenaustausch und Diskussionen in den genannten Themenfeldern. Dabei herrschte eine konzentrierte und fokussierte Arbeitsatmosphäre, die am Dienstagnachmittag mit einem kurzen «Coffee Talk» zwischen Jonathan Schönberger (Junior- Geschäftsführer der Distillerie Studer) und Stefan Wiesner, dem als «Hexer» bekannten Koch aus Escholzmatt, aufgelockert wurde. Danach hiess es noch einmal Köpfe zusammenstecken – denn nun durften alle Gruppen ihre Abschlusspräsentation vorbereiten.

Stefan Wiesner, der Hexer und Gourmetkoch aus Escholzmatt.

Das Destillat aus zwei Tagen Arbeit

Im ausladenden Garten der Brennerei steht eine Flip-Chart. Davor sind im Halbkreis Bänke aufgestellt. Die Präsentation der Endergebnisse der Gruppenarbeiten steht an. Es ist, um im Duktus des Brennmeisters zu bleiben, das Destillat aus den letzten zwei Tagen.

Was die einzelnen Gruppen in den drei verschiedenen Themenfeldern präsentierten, ist schlicht überwältigend. Sie hatten sich nicht nur Gedanken gemacht über allfällige Rezepturen neuer Destillate und Edelbrände, sie dachten dabei viel weiter. Von Zielgruppen-Überlegungen über das Flaschendesign bis hin zum Pricing für die Gastronomie und den Einzehandel haben sie nichts ausgelassen. Sogar das Thema Verkaufsförderung wurde von den Bartendern intensiv besprochen und bei schon bei der Produktegestaltung mitgedacht.

Dass ausgerechnet seitens der Bartender die Aussage «man muss die Gastronomie grösser sehen als nur Bar» kam, zeigt auf, dass die Männer und Frauen seriös und vielschichtig an ihren Aufgaben gearbeitet haben und dabei tief in die Themen eingetaucht sind. Und es machte deutlich, warum die Anwesenden zur Crème de la Crème der Bartender gehören. Denn wer in diesem Metier erfolgreich sein will, muss weit über den Bartresen hinaus denken.

Robert Schröter, der «Bar-Guru» aus Berlin, meint diesbezüglich: «Barkeeper haben ja auch so etwas wie einen Bildungsauftrag. Schliesslich gibt es ja nicht nur RedBull Vodka oder Gin Tonic. Ich sehe den Bartender darum auch als eine Art DJ – von ihm erwarte ich auch nicht, dass er nur die aktuelle Hitparade rauf und runter spielt, sondern dass er Neues auflegt, dass er mich überrascht, inspiriert, begeistert und – zum Tanzen bringt.»

Von diesem Standpunkt aus betrachtet, überrascht der Erfolg dieser ersten Studer-Masterclass also nicht unbedingt. Schliesslich arbeiten die eingeladenen Bartender allesamt in Bars, von denen man weiss, dass dort die Musik spielt.

Jonathan Schönberger, Junior-Geschäftsführer bei der Distillerie Studer, zeigte sich ob dem Verlauf des Workshops und den Resultaten mehr als zufrieden. «Für uns war das Ganze eine Premiere», meinte er, «und wir waren gespannt, wohin der Weg gehen würde. Die Leidenschaft und das Engagement, das die Bartender in den zwei Tagen an den Tag gelegt haben, war für uns als Veranstalter wirklich beeindruckend. Und es bestätigte uns, dass wir den richtigen Mix an Persönlichkeiten eingeladen haben». Und fügte zuversichtlich an: «Ich bin überzeugt, dass das Ganze nun weitere Kreise ziehen wird. Denn gewisse Produkteideen, die von den Bartendern kamen, werden wir nun gemeinsam mit ihnen weiterentwickeln und hoffentlich das eine oder andere zur Marktreife bringen.»

Durchwegs positive Feedbacks auf diese erste Studer-Masterclass gab es auch von seiten der Bartender. Rebekka Anna Salzmann, Bartender im Angels’ Share Basel und Newcomerin des Jahres bei den Mixology Awards 2020 bestätigte, dass sich die Anwesenden ernst genommen fühlten.

«Wir alle, die hier waren, werden ja des öfteren von Produzenten eingeladen. In der Regel sind das dann einfach Produktepräsentationen und Veranstaltungen, bei denen uns ein neues Destillat schmackhaft gemacht werden soll.

Bei Studer verhielt sich das völlig anders – man spürte von Beginn weg, dass man uns hier nichts verkaufen wollte, sondern dass wir hier wirklich zum Wissenstransfer und Gedankenaustausch eingeladen waren, der uns alle weiterbringen kann.»

Rebekka Anna Salzmann.

Natalie van Wyk ist Deutschlands Rookie-Bartender des Jahres 2020 und arbeitet in einer Ikone der Barwelt – dem Schumann’s in München. Auch sie findet für die Studer-Masterclass nur lobende Worte: «Ich habe an dieser Masterclass teilgenommen, weil mich vor allem Obstbrände interessieren. Was ich sehr spannend fand, war die kritische Betrachtung einer Spirituose. Wir haben uns ja mit den Vorteilen und Chancen von Produkten befasst, aber eben auch mit den Gefahren, und das hatte ich so noch nicht erlebt. Dass man explizit vom Hersteller gefragt wird, wie man sein Portfolio findet, wo man persönlich etwas anders machen würde oder was einen vielleicht stört und nach kritischem Feedback fragt und darauf aufzubauen – das war schon spannend, einzigartig und – für mich – eine Premiere.»

Der gebürtige Berliner Martin Bornemann steht seit 16 Jahren in der Schweiz hinter dem Bartresen. Zuletzt tat er das im Werk 8 in Basel. Dort eröffnet er in Kürze – gemeinsam mit Norbu Tsering, der ebenfalls in Escholzmatt anwesend war – seine neue Bar namens Herz.

Bornemann war Gesamtsieger der «Made in GSA» Cocktail Competition 2018, wo er es als erster schaffte, den Contest mit einem Longdrink zu gewinnen und auch in den beiden Sonderkategorien «Limonade & Filler» und «Likör & Wermuth» zu siegen. Auch aus diesem berufenen Munde kommt Lob für die Studer-Masterclass.

«Die Studers haben es mit diesem Anlass geschafft, uns neue Denkanstösse zu vermitteln und das Bewusstsein für die durchaus vorhandene, hohe Qualität von Obstbränden in Erinnerung zu rufen. Ich kann mir daher sehr gut vorstellen, dass diese – durch gewisse Innovationen – in Zukunft wieder salonfähiger werden.» Daran hätten sie im Rahmen dieses Workshops ja auch hart gearbeitet.

«Dass das Ganze soviel Spass gemacht hat, trug sicherlich dazu bei, dass wir uns wirklich intensiv in die Materie hineinbegeben haben. Die Durchmischung der Gästeschar war hundertprozentig gelungen. Das Networking sowie der Informations- und Gedankenaustausch auf einem solchen Level motivierte uns alle. Für mich hat diese Art des Zusammenwirkens viel Zukunftspotential, und ich freue mich, die gemeinsam mit allen Beteiligten angedachten Produkte weiterziehen zu dürfen.»

www.dystiller.ch

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