Naturwein – es lebt!
Ihre Abnehmer mögen keinen Naturwein? Und deren Gäste auch nicht? Dann sind die folgenden Weinempfehlungen perfekt: unser Best-of der Natural Wines – komplex, harmonisch, trinkig und reifefähig. Da kommen selbst Skeptiker ins Wanken.
Was für ein Trip! Vom slowenischen Karst übers Beaujolais bis an die Ufer des Murtensees führte uns unsere Naturweindegustation. Und wie bei einer echten Reise schnappten wir bisweilen nach Luft vor Staunen. Nach dieser Erfahrung können wir Ihnen nur raten: Vergessen Sie alles, was Sie über Naturweine denken, ganz gleich, ob sie «Lover» oder «Hater» sind. Lassen Sie sich einfach drauf ein.
Zur Erklärung für Newbies: Eine gesetzliche Definition des Begriffs Naturwein (oder Natural Wine oder Vin Naturel) gibt es nicht. Gemeinhin versteht man darunter Weine aus biologisch oder biodynamisch gepflegten Rebbergen, die ohne Zusatzstoffe oder grössere kellertechnische Eingriffe erzeugt wurden – sprich: Weine ohne Anreicherung, spontanvergoren, nicht geschönt, allenfalls leicht filtriert und mit minimaler Schwefelzugabe gefüllt. Hardliner wie die französische Association des Vins Naturels verlangen sogar den völligen Verzicht auf Filtration und Schwefel. Ein simples Rezept mit komplexen Folgen.
René-Jean Dard, Pionier von der Rhone, antwortete auf die Frage, ob anfangs auch schon mal was schieflief: «Oh, là, là! Wir hatten jedes nur vorstellbare Problem. Weine, die perlten. Weine, die so reduktiv waren, dass man sie nicht trinken konnte. Tatsache ist, Wein, der nach unserer Art gekeltert wird, lebt. Wissen Sie, Schwefel ist die Schlaftablette des Winzers: Man gibt ihn bei, und der Wein bewegt sich nicht mehr. Wir hingegen haben ständig schlaflose Nächte.» Doch was Weinmacher mit Talent, Erfahrung, Sorgfalt und Fingerspitzengefühl im Rahmen dieser alternativen Philosophie schaffen, grenzt bisweilen an Genie.
Genau darum ging es uns bei unserer Verkostung: für Sie die Perlen unter den Naturweinen herauszupicken. Es sind pure, präzise Weine von grosser Harmonie und unverstellter Schönheit. Klar, schmecken sie oft anders als der Durchschnitt. Aber wer will schon immer Durchschnitt trinken? Bisschen funky darf sein. Denn, so ein weiteres Fazit unserer Degustation: «Die Besten sind echte Gefühlsweine.» Was könnte man Schöneres über einen Wein sagen?
Liebling
Slowenische Urgewalt
Wie oft hat man schon einen Wein im Glas, der so ganz anders ist? Der Lui 2016 ist schlicht eine Urgewalt. Tiefrot im Glas mit einem Duft von Kräutern, Lorbeer und Schwarzkirsche, dem Geschmack von Stein und Rauch, einer betörenden Fruchtsüsse und dann – diese Säure! Zupackend, fast schon aggressiv, kompromisslos. Sie lässt das Tannin fast vergessen, dabei hat er auch davon reichlich. Ein willensstarker Tropfen voll mineralischer Kraft und dabei doch so saftig und ausgewogen, dass jeder Schluck nach dem nächsten ruft. Die Traube heisst Teran, ihr Dompteur ist Marko Fon, und die Reben stehen im slowenischen Karst, einer 80 Millionen Jahre alten Landschaft aus verwittertem Kalkstein. Den Lui gibt’s nur in guten Jahren. Ein echtes Unikat.
CHF 26.40
Preis-Hit
Chasselas in Fast-Forward
Der Verzicht auf Schwefel lässt diesen jungen Hüpfer aus der Hand von Christian Vessaz dastehen wie ein reifer Grandseigneur: Noten von Nuss und kandierter Birne, blitzklare Säure, enorme Dichte und Länge, perfekt eingefangene Bitternote. So schmeckt Spitzen-Chasselas normalerweise nach zehn Jahren! Hier gibt’s ihn instant-trinkreif
CHF 15.80
Einfach nur gut
Eine Nase voll Bergluft
Kaum zu glauben: ein spanischer Weisser aus der unspektakulären Rebsorte Grenache gris, fast vier Jahre alt mit 14 Prozent Alkohol – doch im Glas die pure Frische! Leichtfüssig läuft er über die Zunge, zur Zitrusfrucht gesellen sich Noten von Rauch und Küchenkräutern, die Säure schwingt bis ins lange Finale. Vier Tage Mazeration auf den Schalen verleihen diesem Tropfen aus den Bergen von Montsant einen Hauch von Orange Wine. Mundwässernd.
CHF 28.90
Einfach nur gut
Der Provokateur
Wie oft hat man schon einen Wein im Glas, der so ganz anders ist? Der Lui
Das soll Sancerre sein? Ja, aber ganz anders. Was der eigenwillige Sébastien Riffault hier abliefert, ist wahrlich eine Klasse für sich. In die Nase steigen Orange, Mandarine, Quitte, Honig und Hefebrot mit Rosinen. Am Gaumen zeigt er sich reichhaltig und komplex mit herb-mineralischer Ader. Riffault liest seine Trauben extrem spät, oft ist etwas Botrytis im Spiel. Ein faszinierender Gegenentwurf zum Sancerre, den man zu kennen glaubte …
Preis volumenabhängig
Einfach nur gut
Gefährlicher Trinkfluss
Anonymes Zitat einer unserer Verkosterinnen: «Earl Grey, Aprikose, saftig, frisch – und wumm, ist die Flasche leer! Hat etwas Gefährliches.» Der Erdreich ist ein Orange Wine, also ein Weisswein, der wie ein Roter auf den Schalen vergoren wurde. Sechs Wochen Maischekontakt geben ihm Würze und Griffigkeit, gefüllt wurde er ohne Schwefel. Die Rebsorten: Gelber Muskateller, Bacchus und Silvaner. Das ist süffig, fröhlich, ungeniert, ein Riesenspass!
CHF 24.50
Einfach nur gut
Beaujolais-Legende
Wie oft hat man schon einen Wein im Glas, der so ganz anders ist? Der Lui 2
Kurze Geschichtsminute: Schon in den 1980er Jahren spross die Naturweinbewegung im Beaujolais. Vordenker war der Chemiker Jules Chauvet. Seine Ideen setzte die legendäre «bande des quatre» um, ein Quartett von Winzern, darunter Guy Breton. Von ihm stammt dieser brillante Morgon aus alten Reben. Pure Frucht, delikate Kräuternoten, vibrierende Säure, duftige Textur – ein Gedicht. Reifte in gebrauchten Fässern von Romanée-Conti.
CHF 23.90
Einfach nur gut
Syrah unplugged
Unverbogen und ungezähmt, das ist der Saint-Joseph des besessenen Winzerduos René-Jean Dard und François Ribo. Da riecht’s nach Rauch,
Speck, Lakritz und Pumpernickel, darüber schwebt eine subtile Veilchennote, den Gaumen erobert er mit viel herbem Tannin und frischer
Säure. Syrah in Reinkultur. «Der ganze Wirbel um Naturweine ist ziemlich lustig», findet übrigens Dard. «Wir keltern unsere Weine seit fast drei
Jahrzehnten so.»
CHF 36.00
Rarität
Burgenländer Donnerschlag
«Strenges Diktat oder einfach laufen lassen?», fragte sich Christian Tschida. «Die Antwort habe ich in Flaschen gefüllt.» Und die spricht für sich. Der Jahrgang dieses Blaufränkisch: 2013. Völlig ungeschwefelt. Und doch steht er voll jugendlicher Spannung im Glas: erdig, kernig und würzig mit wahnsinnig frischer Frucht. Mit seinem Laisser-faire versetzte Tschida das
Burgenland zunächst in Aufruhr. Heute zählt er zu den Leuchttürmen der Region.
CHF 45.90
Einfach nur gut
Aus Könnerhand
Unter Elisabetta Foradoris Händen fand die alte Trentiner Rebsorte Teroldego zu nie gekanntem Ausdruck. Bestes Beispiel: der Morei. Er vergärt in Tonamphoren. «Holz schleift den Wein rund. In der Amphore drückt sich das Terroir getreuer aus.» Es ist ein fordernder Wein – und ein
lohnender. In der Nase ätherische Kräuterwürze und Bitterkirsche, am Gaumen tiefgründig, mineralisch, kühl und dicht mit einem pudrigen
Kakaofinale. Betörend.
CHF 30.50
So kommt die Auswahl zustande
Zu jedem Thema lädt marmite spezialisierte Händler ein, uns passende Muster zu schicken. Eine kleine, kompetente Jury unter der Leitung von Weinexpertin Britta Wiegelmann trifft daraus nach gemeinsamer Verkostung eine Auswahl der besten und spannendsten Weine. Wir verzichten bewusst auf Punktebewertungen: Jeder Wein ist eine hundertprozentige Kaufempfehlung.
Die Verkoster
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